Das Texter-Briefing

Briefing – aber richtig

Immer wieder ist von Textern (mwd) zu hören, dass die Qualität des Textes mit dem Briefing steht oder fällt. Doch was beinhaltet ein aussagekräftiges Briefing?

„Schreiben Sie bitte einen Blogbeitrag für meinen Blog XY“ ist nur scheinbar eine erfüllbare Aufgabe. Inhaltlich ist die Aussage doch eher dürr. So sollte der Texter wenigstens ein paar Angaben zum gewünschten Inhalt erhalten. Quellenangaben sind ebenfalls gern gesehen. Wie viele meiner Kolleginnen und Kollegen habe ich auch wenig Scheu, mich in neue Themen einzuarbeiten. Trotzdem bleibt es eine Tatsache, dass Auftraggeber in aller Regel mehr über ihr Thema wissen als ein beauftragter Texter.

Von meiner Seite aus betrachtet ist es mühsam und gleichsam eine Art, meine Zeit zu verschwenden, wenn ich einem Kunden jede winzige Information durch Rückfragen aus der Nase ziehen muss. Vor allem dann, wenn eine vergleichsweise kurzfristige Lieferung des beauftragten Textes gewünscht ist. Um die Zeit beider Beteiligten möglichst effizient zu nutzen, leiten Sie die folgenden Fragen zu einem gelungenen Briefing.

Welcher Inhalt steht im Fokus?

Welches Produkt oder welche Dienstleistung ist Thema des Textes? Möglichst konkrete Angaben zur Funktion, dem Aussehen oder dem Preis genießen einen hohen Stellenwert. An dieser Stelle ist gleichzeitig Gelegenheit, dem Texter mitzuteilen, auf welche Weise sich das Produkt von dem der Konkurrenz unterscheidet. Immerhin kennen wir kaum Produkte oder Dienstleistungen, die nur ein einziges Unternehmen anbietet. Lassen Sie Ihren Texter nicht selbst auf die Suche nach Informationen gehen, sondern weisen Sie ihm den Weg zu Quellen, die aus Sicht des Auftraggebers am besten über das Produkt sprechen.

Wen spricht der Text an?

Hier geht es um die Benennung der berühmt-berüchtigten Zielgruppe. Zur Zielgruppenfindung existieren unterschiedliche Ansätze. In der Realität ist die Zielgruppe bestehender Unternehmungen jedoch der bereits vorhandene Kundenstamm. Das können Frauen in den mittleren Jahrgängen sein, die bereits in der Vergangenheit ein vergleichbares Produkt erworben haben. Ebenso kann die Zielgruppe des Textes aus Personen bestehen, die noch nie ein vergleichbares Produkt erworben haben. Beide Gruppen innerhalb eines einzigen Textes unter einen Hut zu bekommen, gleicht Magie. Ihr Texter kann nicht zaubern, dafür jedoch mitreißend schreiben. Je besser er oder sie mit der anvisierten Zielgruppe vertraut ist, desto eher trifft er deren Ton. Angaben wie „Sprechen Sie den Leser mit Du/Sie an“ sind wenig hilfreich. Aussagekräftiger sind Angaben wie „Text richtet sich an B2B/B2C“.

Was soll der Text erreichen?

Natürlich kann auch ein Blogtext verkaufen. Er unterscheidet sich aus Textersicht jedoch stark von einem reinen Werbetext. „Ein Text“ ist für die Person, die diesen Text schreiben soll, keine vernünftige Aussage. Selbst dann, wenn Sie die exakte Bezeichnung nicht kennen, geben Sie dem Texter wertvolle Hinweise, wenn Sie etwa erwähnen, dass der Text unterhaltsam sein soll, als Pressemeldung dienen oder eine Werbekampagne stärken möge.

Was macht der Mitbewerb?

Eine Konkurrenzanalyse ist für Außenstehende meist eine größere Herausforderung. Statt die Zeit Ihres Texters zu verschwenden, geben Sie lieber konkrete Hinweise wie: „Firma AB bewirbt ihr Produkt in der lokalen Presse. Unser Produkt unterscheidet sich von deren durch ... und das möchten wir im Rahmen einer Online-Kampagne ansprechen.“

Wo erscheint der Text?

Auch wenn ein Großteil der Werbung heutzutage im Internet stattfindet, spielen Mailings, Broschüren oder Flyer nach wie vor eine maßgebliche Rolle. Für den Texter ergeben sich daraus vollkommen unterschiedliche Anforderungen. Um nur eine zu nennen: In einem Flyer ist der Platz naturgemäß begrenzt, wohingegen eine Webseite theoretisch unendlich Raum bietet.

Welcher Nutzen besteht für die Zielgruppe?

Dass es mit einem Staubsauger relativ einfach ist, einen Teppich sauber zu halten, ist keine erwähnenswerte Information. Das leistet wohl jeder Staubsauger. Ist Ihr Staubsauger jedoch nur halb so schwer wie das Konkurrenzprodukt und macht es dem Nutzer durch das geringe Gewicht einfach, Spinnweben aus den Gardinen abzusaugen, kann dies ein nennenswerter Vorteil sein. Bringen Sie Ihren Texter bitte nicht in die Verlegenheit, diesen USP (Unique Selling Proposition) selbst zu entdecken, indem er den eigenen Staubsauger wiegt, um das Ergebnis mit dem Datenblatt des zu bewerbenden Staubsaugers zu vergleichen. Vielleicht besitzt er nicht einmal einen Staubsauger, weil in der Wohnung Laminat verlegt ist und ein Besen zur Bodenpflege ausreicht. Sie als Staubsaugerproduzent hingegen wissen um diesen Vorteil. Ihre Ingenieure haben jahrelang getüftelt.Verraten Sie es Ihrem Texter.

Bis wann?

Sobald ein fester Zeitrahmen besteht, etwa der Start einer Kampagne oder ein Messedatum, auf das die Werbeaktion hinarbeitet, ist dieser Zeitrahmen dem Texter mitzuteilen. Nicht zuletzt entscheidet dies darüber, ob der Texter oder die Texterin diesen Auftrag überhaupt übernehmen kann. Arbeite ich gerade am Betexten einer umfangreichen Website, kann ich nur sehr schwer parallel dazu eine Werbekampagne für Sie entwickeln, ohne dass eine der Arbeiten darunter leidet. Auch die Angabe asap (as soon as possible = so schnell wie möglich) ist nicht hilfreich. So schnell es geht, kann auch erst in zwei Jahren der Fall sein. Schneller ging es dann nicht. Soll Ihre Aktion jedoch innerhalb des kommenden Quartals an den Start gehen, ist die Angabe einer Frist zielführend.

Was folgt für die Zielgruppe, nachdem sie den Text gelesen hat?

Viele Werbeaktionen sind mit Vorteilen für die Lesenden verbunden. So nehmen manche an einem Gewinnspiel teil, abonnieren einen Newsletter oder sichern sich günstigere Preise. Angaben wie Rabatte oder ausgelobte Preise beim Gewinnspiel sind Informationen, die der Texter gern in den Text einbringt. „Nehmen Sie an unserem Gewinnspiel teil“, ohne zu sagen, was es zu gewinnen gibt, führt aller Wahrscheinlichkeit dazu, dass sich niemand beteiligt. Er oder sie weiß doch gar nicht, warum dies geschehen soll und wo sein möglicher Vorteil liegt.

Wer beauftragt?

Wenn Texter nicht unter Arbeitsüberlastung leiden, sind vermutlich alle froh über eine Anfrage. Bei der Zusammenarbeit mit kleineren Unternehmen ist es naheliegend, dass die beauftragende Person berechtigt ist, diesen Auftrag zu vergeben. Was aber, wenn der Auftrag von Frau Müller aus der Buchhaltung der Staubsauger GmbH und Co. KG kommt? Darf Frau Müller dies überhaupt entscheiden oder existiert eine Marketingabteilung, der diese Aufgabe zukommt? Alle Texter sind gut beraten, sich bei erstmaligen Aufträgen rückzuversichern. Bei bestehender Zusammenarbeit ist die Frage möglicherweise obsolet. Beim ersten Mal ist es jedoch wie eine Art Lebensversicherung für mich und alle meine Kolleginnen und Kollegen.

Wer ist bei Rückfragen ansprechbar?

Auch wenn am Anfang alles klar zu sein scheint, kommen im Verlauf der Arbeit an dem Text mitunter neue Fragen auf. Der Griff zum Telefon kann diese Fragen in Windeseile beantworten – wenn es einen Ansprechpartner gibt. Muss ich hingegen meine Fragen erst in einer E-Mail formulieren, die womöglich unbeachtet liegen bleibt, stagniert die Arbeit.

Ihr Anteil am Gelingen

An dieser Stelle möchte ich alle um Entschuldigung bitten, die ihre Textaufträge am liebsten auf Zuruf vergeben. Das kann nicht gut werden. Wer effizient Zeit sparen will, versucht so viele relevante Informationen wie möglich im Briefing unterzubringen und ist für Fragen offen. Dann klappt es auch mit dem Text und mit dem Texter.

Bedauerlicherweise gibt es noch einen Zahn, den ich Ihnen ziehen muss: Suchmaschinenoptimierung (SEO) und die dafür erforderliche Suche nach Keywords (populäre Suchbegriffe) gehört nicht zur regulären Arbeit einer Texterin oder eines Texters. Geben Sie sich bitte nicht dem Irrtum hin, die Suche nach Keywords als Teil der Leistung vorauszusetzen. Als zusätzliche Leistung sind allerdings viele Schreibende gern bereit, diese Aufgabe zu übernehmen. Im Interesse eines Qualitätstextes sollte diese Suche vor dem Schreiben geschehen. Nachträglich eingepflegte Keywords fügen sich selten harmonisch in den Text ein.

In diesem Sinne: Briefen Sie gut!

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Wer hier schreibt:

Bärbel Redlich ist seit 2011 als freie Texterin am Markt. Neben ihrer Textarbeit setzt sie sich für die Interessen der Umwelt ein und engagiert sich aus gegebenem Anlass für die Demokratie.

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